Als selbststängige Gemeinde besaß Finthen eigene Rathäuser. Seit der Eingemeindung 1969 nach Mainz, beherbergt der Ortsbezirk Finthen nur noch eine Ortsverwaltung. Die Gebäude haben jedoch ihre ganz eigene Geschichte.
Das Alte Rathaus
Das Alte Rathaus ist im Kern das ältestes Gebäude Finthens und stammt aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Es steht in etwa in der Mitte der Poststraße und teilte Finthen in Ober- und Unterdorf.
Das Gebäude ragte ursprünglich weiter in die Straße, wie an den dicken, hervorstehenden Mauern noch erkennbar ist. Die Frontmauer weist zudem keine Verbindung zu den Seitenmauern auf. Mit großer Wahrscheinlichkeit wurde das ursprüngliche, größere eventuell gotische Gebäude während des 30-jährigen Krieges zumindest in Teilen zertört und danach in einem einfachen Stil des Barock neu errichtet.
Ursprünglich diente das Gebäude im 17. und 18. Jahrhundert als Gerichtshalle, der untere Teil war als offene Bogenhalle konzipiert. Diese wurde 1854 zugemauert. Die so entstandenen Räume dienten als Spritzenhaus und Armenwohnung. Die erste Etage wurde bis in der 1950er Jahre als Schulraum genutzt. Seit 1899 beherbergte das Gebäude auch die großherzogliche Bürgermeisterei. 1928/29 benötigte die Verwaltung mehr Platz und zog in das damals neue Rathaus in der heutigen Poststraße 69 um.
Damit verlor das alte Rathaus seine ursprüngliche Funktion und verfiel immer mehr, bis es 1969 sogar abgerissen werden sollte. Privatpersonen kauften es jedoch zusammen mit der ehemaligen, benachbarten Schule und sanierten es. Dabei wurden die Rundbogen wieder freigelegt. Der ehemalige Innenhof wurde 1970 überdacht und dient heute als Sparkasse. Der doppelgeschossige traufständige Barockbau mit Krüppelwalmdach hatte ursprünglich noch einen Dachreiter, der 1806 im Zuge einer Renovierung verschwand.
Das "neue" Rathaus
Das neue Rathaus entstand 1928/29 unweit des alten Rathauses in der heutigen Poststraße 69. Die Gemeinde hatte die ehemalige "Colonialwarenhandlung" Veit Becker erworben, die nach Plänen des hessischen Hochbauamtes Mainz aufwendig umgebaut wurde.
Es entstand ein traufständiger, zweigeschoßiger Putzbau mit Mansardendach in barockisierendem Stil. Einen repräsentativen Touch erhielt das Gebäude durch das Zwerchhaus mit Sprenggiebel unter dem sich ein Relief mit einem Flußgott und der Aufschrift FONTES befindet. Bis zur Eingemeindung 1969 diente das Gebäude als Rathaus, danach als Ortsverwaltung.
Mit der Fertigstellung des Bürgerhauses 1974 wurde die Ortsverwaltung in dort geschaffene, neue Räumlichkeiten verlegt. Das nunmehr zweite alte Rathaus wurde im Anschluß unterschiedlich genutzt, unter anderem durch das DRK Finthen, aber auch zum Teil als Wohnraum. Heute haben dort das Jugendzentrum, die städtische Altentagesstätte unter der Leitung der Arbeiter Wohlfahrt, die Finther Freiherren und Freifrauen sowie der Heimat- und Geschichtsverein Finthen ihr Domizil.
Die detaillierte Baugeschichte des Gebäudes finden Sie im Artikel über unser Vereinsheim.
Die Ortsverwaltung Mainz-Finthen
Die Ortsverwaltung hatte von 1974 an ihren Sitz im Bürgerhaus Mainz-Finthen. Bis zu dessen Abriß 2017, wurden die Amgsgeschäfte in den dort vorhandenen, nüchternen Verwaltungsräumen vollzogen.
Wegen der immensen Schulden der Stadt Mainz standen 2010/11 alle Ortsverwaltungen hinsichtlich Zusammenlegung oder gar Schließung auf dem Prüfstand. Die Finther Ortsverwaltung war letztendlich nicht betroffen. Allerdings schwebten die seit langem ausstehende Sanierung des maroden Bürgerhauses und der eventuelle Abriß wie ein Damoklesschwert über der Ortsverwaltung. 2017 wurde der Beschluss gefasst das marode Gebäude abzureißen und durch eine Mehrzweckhalle zu ersetzen, in der zusätzlich die Ortsverwaltung integriert wird. Bis zur Fertigstellung der neuen Mehrzweckhalle, ist die Ortsverwaltung temporär in Räumen der Finther Filiake der Volksbank Alzey-Worms eG, in Finthen eher als Finther Bank bekannt, untergebracht. Ingo Schlösser