1697 erwarb der Mainzer Weihbischof Edmund Gedult von Jungenfeld von dem Grafen Rudolph von Stadion ein in Finthen gelegenes reichsfreies Hofgut. Dazu gehörten Stallungen, eine Scheune und ein 1 Hektar großer Garten, in dem sich ein Weiher mit Insel und Weiherhaus befand.
Ursprünglich gehörte der Besitz Hugo Lerch von Dirmstein, der ihn im gleichen Jahr an das Noviziat der Jesuiten veräußert und diese kurz danach an den Grafen von Stadion verkauft hatten.
1719/20 ließ Gedult von Jungenfeld an der Stelle des alten Wohngebäudes ein neues Herrenhaus errichten. Dieses ursprünglich nur zweigeschossige Gebäude beinhaltete die typischen barocken Stilelemente der Zeit, ein Krüppelwalmdach, geohrte Fensterrahmen und eine profilierte Sandsteingliederung. Das hofseitige barocke Portal ist noch heute erhalten und wird von dem Wappen des Weihbischofs und folgender lateinischer Bauinschrift gekrönt:
PRO FAMILIA / EDM VUNDS DE JVUNGEN / FELT EPVS MA LLESNIS SVF / FRA GA NVUS MOGNVS / THEOL. DOCTOR ET S. PETRI / B. M. VIRG AD GRADVS ET S. / CRVCIU DECA NVS EX / STRVCXIT ANNO / 1719
Die Übersetzung lautet:
Für die Familie. Edmund von Jungenfeld, Titularbischof von Mallos, Weihbischof in Mainz, Doktor der Theologie, Dekan des St. Peterstifts, des Liebfrauenstifts zu den Staffeln und des Heiligkreuzstifts, erbaute (dieses Haus) 1719.
Am 31. August 1727 verstarb der Weihbischof und wurde im Chor der heute nicht mehr existenten Liebfrauenkirche in Mainz bestattet. Haus, Garten und Ländereien verblieben zunächst im Besitz der Familie, wurden dann aber verkauft. 1808 ist ein Eigentümer Rehm bekannt, danach ein Freiherr von Sturmfeder und 1818 Matthias Reichert. Letzterer errichtete in dem ehemaligen Adelswohnsitz eine Wirtschaft mit Tanzsaal, nicht zu verwechseln mit dem späteren Saalbau im Gartenareal.
1830 erwirbt schließlich die Gemeinde das Areal, behält aber nur den bebauten Teil des Anwesens. Das Wohnhaus wird zum Schulhaus mit Lehrerwohnungen umfunktioniert. Scheune und Stall verbleiben ebenfalls in Gemeindebesitz, während die Äcker und der Große Garten veräußert werden. Es sei an dieser Stelle nur kurz erwähnt, das der Garten mehrfach den Besitzer wechselte, als solcher aber bis 1899 erhalten blieb. Dann erwarb Philipp Friedrich Veit das Gelände, errichtete einen Saalbau (Jungenfeldscher Garten - der bis 1974 bestand) und parzellierte das Gelände, das in Folge bebaut wurde.
1868 brannte die Scheune des ehemaligen Hofgutes ab. An ihrer Stelle wurde das zweite Finther Spritzenhaus errichtet, das 1885 dem Neubau der Jungenschule weichen musste. Später befand sich in dem Gebäude die Post, heute werden die ehemaligen Schulräume zu modernen Lofts umgebaut. Das ehemalige Jungenfeldsche Wohnhaus war zeitgleich mit dem Bau der Jungenschule aufgestockt und nur noch für Lehrerwohnungen genutzt worden. Wie lange, ist derzeit nicht bekannt. Obwohl der zweite Stock optisch an die bestehenden Geschosse angeglichen wurde, verlor das Haus insbesondere durch das neue, flachere Dach seine ursprünglich harmonischen Proportionen.
Mit der Eingemeindung Finthens 1969 ging das Gemeindeeigentum an die Stadt Mainz über, so auch das Haus Poststraße 48, das mittlerweile als Mietshaus genutzt wurde. Durch die kontinuierliche Nutzung und blieb der ehemalige Adelshof, wenngleich auch baulich verändert, erhalten. Gemeinsam mit dem gegenüberliegenden „Alten Rathaus“ und der Kirche St. Martin, dominiert das ortgeschichtliche Kleinod den Ortsmittelpunkt.