Das Kloster Eberbach ist seit dem Mittelalter als Grundstückseigentümer in Finthen und seiner Gemarkung bekannt. Welche Spuren hat es hinterlassen? Wo können wir suchen?

Informationen über das Kloster und seine Besitzungen erhalten wir über Archivalien (Urkunden, Salbücher, Kopiare, Listen des Klosters usw.) in denen sowohl das Kloster, als auch Finthen erwähnt sind. Dies geschieht oft in Zusammenhang mit Flurstücksnamen.

Allerdings sind die Angaben sehr allgemein gefasst, wodurch sich die Lage des Grundbesitzes nur erahnen lässt. Es wird ebenfalls schwierig, wenn wir die damals gebräuchliche Flurstücksbezeichnung heute nicht mehr räumlich zuordnen können. Um detaillierte Angaben zu erhalten, wären zwingend umfangreichere Recherchearbeiten notwendig, die wir an dieser Stelle jedoch nicht leisten können. Unabhängig davon lohnt es sich einen kleinen Überblick über die uns bekannten Erwähnungen zu geben, ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben.

Eine der ersten Erwähnungen findet sich in einer Urkunde von 1345, ausgestellt am St. Gallen Tag, dem 16. Oktober nach heutiger Zeitrechnung. Dort (HStAD Best. A 2 Nr. 54/2) heißt es: "Finthen: Konsens Thiederichs, eines Edelknechts v. Gudenberg, dass Johann Beckillinheimer ein Edelknecht von Vlmen den von ihm zu Lehen habenden Busch und Heide, die in Fintener Mark gelegen sind bei dem Byrke dem Closter von Erbach verleihen könne" Die Passage "die in Fintener Mark gelegen sind bei dem Byrke" weist eindeutig auf die Lage des Besitzes in der Finther Gemarkung hin. Etwas schwieriger ist die Ortsangabe "bei dem Byrke" zu deuten. Damit könnte der zum Kloster Eberbach gehörende Birkerhof gemeint sein oder aber die "Birkergewann". Zum damaligen Zeitpunkt dürfte jeder der Beteiligten gewusst haben, welches Grundstück "bei dem Byrke" gemeint ist. Flächenangaben fehlen ebenfalls, womit die Größe des Grundbesitzes nicht fassbar ist. Dennoch erfahren wir, dass das Kloster Eberbach Grundbesitz in Finthen verliehen bekam.

Die räumliche Zuordnung in einer zweiten Urkunde (HStAD Best. A 2 Nr. 54/7) vom 28. September 1359, im Original mit "1359 in Vigilia Michael Archangeli" datiert, ist noch schwieriger. Dort heißt es in Latein: "Finthen: Concordatis inter Guilhelmum Pintzen prepositum Ecclesie Moguntine et Monasterium Eberbacense super quartos porte ........ ? .... Rubetorum Mericarum sita in terminis ville Finthen" Hier ist lediglich von einer Terminei "sita in terminis ville finthen" in Finthen die Sprache. Mit Terminei ist hier ein Bezirk gemeint. Wo dieser lag, war den Beteiligten wohl klar, uns nicht. Gleichwohl haben wir eine Ahnung, wo die Terminei gelegen haben könnte, eine Urkunde von 1788 bringt uns hier auf die Spur. 1788 (HStAD Best. A 2 Nr. 54/13) wird nämlich wiederum eine Terminei in Finthen urkundlich erwähnt. Ob es sich um die gleiche wie 1359 handelt, ist ungewiss und selbst wenn, würden nichts über die genaue Lage erfahren, denn auch in dieser Urkunde fehlt eine konkrete Ortsangabe. Allerdings können wir über die in der Urkunde genannten Käufer und den geschichtlichen Kontext indirekten einen Ortsbezug herstellen. Der Text lautet: "Finthen: Die Abtei Eberbach verkauft dem Domprobstl. Rat und Amtmann Georg Zambach ux. Christine Rußel ihr Haus in der Finthener Terminei als Erbbestand ........ ?".

Mit dem Amtmann "Georg Zambach" ist Franz Georg Zumbach, der Erbauer des Layenhof gemeint. Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich bei dem im Text erwähnten Haus um den Layenhof, von dem wir wissen, dass 230 Morgen zur seiner Errichtung aus dem Grundbesitzs des Birkerhofes veräußert wurden. Auch wenn Layen- und Birkerhof nicht ausdrücklich erwähnt sind, kann es sich aus dem geschichtlichen Kontext heraus bei der erwähnten Terminei eigentlich nur um den Bezirk des Birkerhofes und damit des Kloster Eberbach handeln. Gleichwohl wirft dies neue Fragen auf. Galt Zumbach bislang als Erbauer des Layenhof, ist hier von Kauf die Rede. Hier wären weitere Nachforschungen in den Akten der Domprobstei notwendig.

Aber nicht nur die Urkunden geben uns Hinweise auf die Besitzungen des Klosters. Im direkten Kontext zum Birkerhof - heute Wüstung - stehen eine Flurstücks- und eine Wegebezeichnung, die uns überliefert und zum Teil auch noch gebräuchlich sind. Zum einen ist dies der "Münchswald" oder auch "Mönchswald", der zum Besitz des Birkerhofes gehörte. Die Bezeichnung ist selbsterklärend. Jener Wald lag dort, wo sich heute der Finther Flugplatz befindet, lediglich einige Baumgruppen und kleine Teilstücke sind erhalten. Heute ist der Namen kaum noch bekannt, die Flurstücksbezeichnung verschwand quasi mit dem Wald und der Umnutzung des Grundstücks als Flugplatz. Eher bekannt, aber auch kaum noch im Gedächtnis verhaftet, ist der "Bruderweg", der erstmals 1447 (StAMz 13/230) urkundlich erwähnt wird. Es war jener Weg, den die Mönche vom Kloster Eberbach kommend zum Birkerhof nahmen und umgekehrt. In seiner Blütezeit besaß das Kloster um die 200 Höfe die zur Unterhaltung des Klosters dienten. Dort arbeiteten in der Regel Laienbrüder, die im Gegensatz zu ihren adligen Brüdern für die körperliche Arbeit zuständig waren. Die erwirtschafteten Güter wurden durch die "Brüder" im Mutterkloster abgeliefert. Den Weg, den sie dabei vom Birkerhof bis zum Kloster Eberbach nahmen, erhielt die treffende Bezeichnung "Bruderweg" und weist damit bis heute auf diesen Umstand hin.

Fährt man heute auf der L419 von Finthen nach Wackernheim, kreuzen wir den Bruderweg ohne es zu wissen an der Fußgängerampel vor der Einfahrt zum Flugplatz. Auf der linken Seite und damit in Finther Gemarkung, ist der Bruderweg mit der Einfahrt zum Flugplatz und der Straße "Am Finther Wald" identisch. Als Finther Wald wurde übrigens der östliche Teil, auf Finther Gemarkung gelegene Teil des Mönchswaldes bezeichnet, als dieser wohl in Folge der Säkularisierung an die Gemeinde übergegangen war. Die Trasse des Bruderweges führte dann am Layenhof vorbei zum Birkerhof. Auf der rechten Seite der Ampel, dies ist schon Heidesheimer Gemarkung, führt ein Feldweg, der sich später gabelt nach Heidesheim. Hierbei handelt es sich ebenfalls um den Bruderweg. Von Heidesheim führte er nach Heidenfahrt, dem früheren Walsheim. Der kleine Ort ist wahrscheinlich eine Gründung der Zisterzienser und ging aus der Landungsstelle hervor. Von Heidenfahrt setzten die Brüder über den Rhein, um bei Erbach zu landen. Von dort ging es dann wieder zu Fuss zum Kloster. Insgesamt dürfte die Strecke damit einfach ca. 14km betragen haben.

Die bislang beschriebenen Besitzungen lagen außerhalb des Ortes. Innerhalb Finthens besaß das Kloster ebenfalls Höfe. In der Festschrift von 1948, herausgegeben von Rektor Karl Preller und Stud.Phil. Hermann Schreiber, finden wir auf Seite 26 den entsprechenden Hinweis. Dort heißt es: "Vielleicht fanden sich also schon 1648 im großen und ganzen dieselben kirchlichen Besitzer von Hofraiten im Dorfe, die Prof. Veit für 1820 angibt, nämlich ... 3. die Abtei Eberbach im Oberdorf dreieinviertel Morgen mit Häusern und Hofraiten mit 14 Teilhabern." Auch hier ist die Ortsangabe leider nur relativ. Das Oberdorf reichte von dem Wegekreuz in der Poststraße bis zur Kirche St. Martin und erstreckt sich damit über ein weites Areal. Dennoch erfahren wir, dass es eben auch im Ort nicht ganz unerhebliche Besitzungen gab, immerhin 8125qm. Einzig die zeitliche Stellung um 1820 müsste genauer überprüft werden, denn eigentlich gab es die Abtei Eberbach seit der Säkularisierung 1803 nicht mehr. Unabhängig davon gelangten diese Häuser und Hofraiten später in private Hände, denn heute besitzt das ehemalige Kloster keine Grundstücke mehr in Finthen und auch die Erinnerung daran ist verblasst.

Zusammenfassend können wir feststellen, dass wir etliche Spuren des Kloster Eberbach in und um Finthen finden können. Das Kloster hatte nicht ganz unerhebliche Besitzungen und damit sicherlich auch einen großen Einfluss auf den Ort selbst. Mit der Veräußerung der Grundstücke, spätestens seit der Säkularisierung, gehen diese Besitzungen in Privatbesitz über, die Erinnerungen an die Klosterbesitzungen gehen verloren. Übrig bleiben Flurstücks- und Wegebezeichnungen, die aber auch nur noch Interessierten präsent sind. Um sich ein genaueres Bild über die konkreten Besitzungen des Klosters Eberbach, die zeitlichen Stellungen dieser und ihrer genauen Lage zu machen, bedarf es weiterer, umfangreicher Recherchearbeiten. Das Thema wäre sicher für eine Magister- oder Doktorarbeit geeignet.

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