Einleitung zur Serie und zu 1949 

Der Krieg ist vorbei, Finthen wurde von größeren Bombenschäden verschont. 146 Finther Soldaten verloren im Krieg ihr Leben. die französische Besatzungszeit wurde zwar erst 1955 beendet und noch sind nicht alle Kriegsgefangenen aus der Gefangenschaft zurück.

Trotzdem beginnt das „normale Leben“ wieder , wenn auch nur langsam. Die Wahrungsreform auch den Finthern die D – Mark und damit volle Regale gebracht, der Schwarzhandel verschwand. Die Schaufenster sind über Nacht wieder voller Waren, nur das die meisten Menschen können sich nur leisten, was unbedingt notwendig ist. Die Bundesrepublik wird gegründet, das Grundgesetz verabschiedet und Konrad Adenauer wird der erste Bundeskanzler.

4 580 Menschen leben 1949 in Finthen. Der Krieg, Vertreibung und Zuweisungen von Familien aus dem ausgebombten Mainz verändern die dörfliche Struktur. Die Zahl der Protestanten ist auf über 500 angewachsen und resultiert im Wesentlichen aus dem Zuzug von Mainzer Evakuierten, von Vertriebenen aus Ostdeutschland. Karl Preller und Hermann Schreiber beklagen daher 1948 in ihrer Festschrift für Pfarrer Lambert das starke Ansteigen der Mischehen. Wer eine Mischehe eingeht und in Finthen kirchlich getraut werden will, kann dies nur katholisch tun, denn eine evangelische Kirche gibt es noch nicht. Die katholische Kirche traut solche Paare nur, wenn sie sich verpflichten ihre Kinder katholisch taufen zu lassen.

Finther Bürgermeister ist Jakob Philipp Hach, er amtiert bis 1963. Das Dorf hatte neben vielen Kleinstgewerbetreibenden 6 Bäckereien, 8 Metzgereien und 15 Lebensmittelgeschäfte bzw. Kolonialwarenhandlungen.

Und Finthen hat wieder eine Dorfzeitung. Offizieller Name:

Nachrichtenblatt. Amtliche Nachrichten der Gemeinden Finthen und Drais“.

Die wöchentlich erscheinende Zeitung bringt örtliche Nachrichten in die Finther Haushalte und ist das offizielle Amtsblatt der Gemeinde.

Druck: Ludwig Joh. Weil; verantwortlich: Hans Häfner; Redaktion: Hermann Schreiber, ab 1952 Albert Becker.

Bezugspreis: 50 Pfg. monatlich, zuzüglich 10 Pfg. Trägerlohn

Der Bürgermeister schreibt auf der Titelseite der Erstausgabe des Blattes am 04.11.1949:

„Ich begrüße das Wiedererscheinen dieses Nachrichtenblattes umso mehr, als ich darin das Verbindungsorgan zwischen örtlicher Behörde und Einwohnern erblicke…. Das bisher üblich gewesene Ausschellen wird also im Wesentlichen eingestellt, das heißt, es werden fürderhin nur noch unaufschiebbare Bekanntmachungen durch die Ortsschelle veröffentlicht.“

PS: Letzter Ausscheller war Philipp Jacob Bender

Der Heimat- und Geschichtsverein Finthen hat die örtlichen Nachrichten – soweit die Zeitungsjahrgänge in unserem Archiv vorhanden sind - nachgelesen und nach Jahren zusammengefasst. Wir beginnen im November 1949, dem ersten Monat der neuen Dorfzeitung.

Bemerkung des Chronisten:

Das Nachrichtenblatt ist hier im Originaltext zitiert. Heute im Zeitalter von Gleichberechtigung und Rassismusdebatte wirken einige dieser Zitate unangemessen, sie dienen aber der historischen Darstellung der Sachverhalte.

Die Finther Straßennamen sind noch die vor der Eingemeindung 1969. Danach wurden viele Finther Straßen, die es schon in Mainz gab, umbenannt. Die aktuellen Namen sind in Klammer aufgeführt.

Erläuterungen über den Text des Blattes hinaus sind in Kursivschrift dargestellt.

 

November 1949

Die Untere Neugasse (Henry Dunant Straße) und die Ludwigstraße (Lambertstraße) erhalten einen Teersplitbelag, die obere Neugasse und Krim (Seitenweg der Layenhofstraße) eine Decke aus blauem Schotter.

Die Taunusstraße erhält links einen Bürgersteig.

Die Gemeinde erwirbt das Anwesen Kirchgasse 29 (Lokal „Zum Kyffhäuser“ auch „Die Maus“ genannt) und einen Streifen des Anwesens Knußmann zur späteren Schulerweiterung.

Lebensmittelkarten, die es trotz Währungsreform noch gibt, werden von der Gemeinde von 8 bis 12 Uhr ausgegeben.

In der Baugrube des Schlossers Max Kliemand „Auf der Hopp“ (Waldthausenstraße) werden mehrere Gräber mit Skeletten gefunden. Am Ende sind es 13, die als fränkisch identifiziert werden.

Der Geflügelzuchtverein Finthen veranstaltet in der Markthalle die „Dritte Landesgeflügelschau Rheinland-Pfalz“ mit etwa 2 000 Tieren. Den Vorsitz des Vereins hat Richard Nack inne.

 

Dezember 1949

Die Finther Viehzählung vom 03.12. ergibt: 580 Schweine (1931 1046), 104 Rinder, 117 Pferde, 5 Schafe, 189 Ziegen, 2 129 Hühner, 218 Gänse, 64 Enten, 23 Truthähne, 3 Zwerghühner und 74 Bienenstöcke.

39 Finther sind 1949 aus russischer Gefangenschaft zurückgekehrt, 3 Finther sind noch gefangen.

Die Adler Lichtspiele, das Finther Kino im ersten Stockwerk der Gaststätte Adler. zeigt „Tom Mix, den König der Cowboys in seinem neuesten Film „Der Wunderreiter“. Vorstellungen sind Samstag 20 Uhr, Sonntag 18 und 20 Uhr und Montag 20 Uhr 15. Eintritt 0,50 DM.

Die Gemeinde lädt am 28.12. ein zur Gründung einer gemeinnützigen Baugenossenschaft.

75 interessierte Personen tragen sich in die Gründerliste ein. Geschäftsführer wird Lehrer Gabel, der Aufsichtsratsvorsitz liegt bei Bürgermeister Hach.

Zum Jahresende trennt sich der Turnverein wieder von der Fontana. Die Fontana war nach Kriegsende der einzige zugelassene Verein der Franzosen, alle anderen Vereine hatten sich diesem unterzuordnen

Die Zwangsbewirtschaftung von Fleisch und Fett ist aufgehoben, es dürfen wieder Hausschlachtungen vorgenommen werden. Gendarmeriemeister Dörrschuck weist darauf hin, dass vor und nach der Schlachtung eine Beschau durch den Fleischbeschauer durchzuführen ist. „Verstöße werden unnachsichtlich geahndet werden“.

Kurt Merkator


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