Kurt Merkator erzählt eine Episode aus seiner Kindheit. Den Beitrag hat er ursprünglich für das Magazoin Consens geschrieben, wir möchten ihn auch hier veröffentlichen.
Als wir Kinder waren, und das ist nun lange her, wurden in jedem Herbst „Rummelköpp“ gemacht und durch das Dorf getragen. Jetzt sage niemand, ja klar, Halloween. Natürlich nicht. Erstens sind es an Halloween Kürbisse (die sind leichter zu schnitzen) und zweitens wussten wir damals nichts, aber auch gar nichts von Halloween, wir wussten noch nicht einmal, wie das geschrieben wird. Wir waren auch nicht verkleidet, bettelten nicht für Süßigkeiten und unsere Eltern liefen nicht hinter uns her im Dunkeln, damit uns nichts passiert. Eltern – zumindest unsere – waren auch besorgt um ihre Kinder, aber nicht die ganze Zeit und nicht als Helikopter. Man traute uns Kindern einfach mehr zu, wir durften bzw. mussten sogar allein zu Fuß zur Schule gehen, und damals war es egal ob die Schule 500 Meter oder 3 Kilometer entfernt war.
Zurück zu den Rummelköppen. Irgendwann im Herbst waren die Futterrüben auf den Feldern groß. Das sind die Rüben, die damals den Schweinen zugefüttert wurden, die fast jeder Bauernhof im Stall stehen hatte. Wir, unsere Straßenbande, zog dann irgendwann gegen Abend an eines dieser Felder. Jeder zog eine möglichst große Rübe aus der Erde, während einer Wache stand und Ausschau hielt ob der strenge Feldschütz mit seinem Hund nicht den Weg entlangkam. Den gab es damals noch und mit dem war nicht gut Kirschen essen.
Mit der Beute ging es nach Hause, das Grüne oben wurde abgeschnitten, klein gehackt und an die Hühner verfüttert, die wir damals noch hatten. Die Rübe wurde oben gerade abgeschnitten, der Abschnitt wurde später zum Deckel. Dann wurde die Rübe mit einem Messer vorsichtig innen ausgehöhlt und zwar so, dass die Frontseite nicht zu dick stehen blieb. In diese Frontseite wurde mit dann viel Sorgfalt ein Gesicht geschnitten. Ein Zackenmund, eine Dreiecksnase und Augen, möglichst unheimlich anzusehen.
Unten im Innenraum wurde eine Vertiefung gemacht, in die eine Kerze gesteckt wurde, dann kam der Deckel oben drauf. Zum Schluss brauchte es noch einen Stecken auf den der fertige Rummelkopp gesteckt wurde, den wir dann vor uns hertrugen.
Sobald es dunkel war, wurden die Kerzen in den Köpfen entzündet, und wir machten uns auf den Weg durch das Dorf. Wir zogen in kleinen Gruppen durch die Straßen, klingelten an verschiedenen Häusern und präsentierten lautstark unsere leuchtenden Rummelköpfe. Bei manchen, die bereits schimpfend aus dem Haus kamen oder den Hund losließen, mussten wir Fersengeld geben, bei ganz schlimmen Nachbarn warteten wir gar nicht ab, sondern klingelten und rannten weg. „Schellekloppe“ wurde das genannt. Manche Erwachsenen, die sich noch an ihre Kindheit erinnerten, gaben uns tatsächlich mal etwas Süßes oder – das war der Höhepunkt – ein Fünfzigpfennig Stück. Dafür gab es damals 5 Bällchen Eis.
Diese Tradition, die sicher einen ähnlichen Ursprung hatte wie Halloween, geriet dann nach und nach in Vergessenheit und ging langsam über in die amerikanische Art des Halloween über mit alle der Übertriebenheit, die aus dieser Ecke kam und die nun auch diesen Herbst wieder Kleinkinderscharen durch die Straßen ziehen lässt, in 20 Meter Abstand gefolgt von besorgten Müttern, deren Generation auch schon der Nach Rummelkopf Ära angehört. Kurt Merkator